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Von Wolkenfängern, Lichtgestalten und Feenglanzverwaltern

26 Jahre Kleines Fest im Großen Garten26 Jahre „Kleines Fest im Großen Garten“

23.07.2011 [sh] Jedes Jahr aufs Neue zählt das „Kleine Fest im Großen Garten“ zu den Publikumsmagneten in Hannover. So laden bereits seit dem 13. Juli 2011 die Herrenhäuser Gärten wieder zu dem mittlerweile auch über die Landesgrenzen hinaus bekannten Kleinkunstfestival der besonderen Art ein. Großartige Kleinkunst in Form von Pantomime, Marionetten, Puppenspiel, Kabarett, Comedy und Clownerie, Akrobatik, Artistik und Magie präsentieren sich in einer einzigartigen Atmosphäre an fünfzehn Veranstaltungsabenden auf insgesamt 33 Bühnen.  Die farbenfrohen Darbietungen zeugen von hohem künstlerischem Niveau und so fällt manchem Besucher das Zusammenstellen des eigenen individuellen Programmes ein wenig schwer. Aber für die Kenner des Kleinen Festes ist gerade das eine Herausforderung, denn bereits mit dem Erhalt der Karten und Programme wird ein minutiös geplanter Ablauf für den Abend erstellt um alle angestrebten Shows anzupeilen. Anders die Genießer. Sie lustwandeln durch den Garten, genießen die Kombination aus Kleinkunst und Natur. Entdecken in jeder Nische eine andere Sensation, verweilen oder suchen eine neue Aufführung. Lassen sich inspirieren von den Charakteren der Walk-Acts und deren einmaliger intuitiver Handlung. Entspannen, ausruhen und beobachten lässt es sich auch von den kulinarischen Ständen. Hier zu empfehlen sind jedes Jahr aufs Neue die Mokkamaker.

23.Juli 2011 „Wann wird’s mal wieder richtig Sommer…!“ – Genau das fragen sich wohl auch die ca. 3.000 von gesamt 48.000 Inhabern einer Eintrittskarte für das „Kleine Fest im Großen Garten“ 2011 an diesem Abend. Wie auch die letzten Wochen verspricht der heutige Tag sehr wechselhaft zu werden. Und immer wieder der misstrauische Blick gen Himmel. Erbarmt sich der Wettergott? Findet die heutige Veranstaltung statt? Ab 16.00 Uhr gibt das eigens eingerichtete Wettertelefon Entwarnung. Mit wetterfester Kleidung und nur kleinen Regenschauern wird es auch an diesem Abend eine Auflage des  Kleinen Festes geben.  Bereits beim Eintreffen vor den Herrenhäuser Gärten haben die Wolken ein Untergangszenariograu angenommen und es regnet in Strömen. Die Besucher, die sich bereits eingefunden haben, suchen Schutz unter Schirmen und Bäumen. Die Abendkasse weist immer noch eine beträchtliche Warteschlange auf und auch die Letzten in der Schlange hoffen auf eine der 200 noch zur Verfügung stehenden Karten für diesen Abend.

18.00 Uhr. Am Horizont hellt es sich auf und als sogar die Sonne Ihre Wärme zu Boden schickt, folgen wir dem Besucherstrom auf das Gelände hin zur Festwiese. Unter den Bäumen, am Wegesrand und auf dem hinteren Teil der Festwiese sieht man das alljährliche Ritual. Allerlei Leckereien finden Ihren Weg aus den Bollerwagen, Rucksäcken und Taschen und man nimmt Platz zum großen Picknick, um den Abend kulinarisch einzuleiten. Das Gläschen Sekt darf natürlich auch nicht fehlen, ob nun alkoholfrei oder für Erwachsene.  Unterdessen erklingt Motorengeräusch aus der Ferne. „Master Mo“ auf seiner Harley kommt des Weges. Er lässt es sich nicht nehmen die holde Weiblichkeit zu begrüßen und mit seinen Flirtavancen bricht er so manches Herz. Wenn er dann noch in einem provokativ, verführerischem Zeitlupentempo seine Brille hebt und man in seine unwiderstehlichen, blauen Augen schaut – die fragen: „Baby, willst du meine Sozia sein?“ oder „Gehen wir zu mir oder zu dir?“ – ist es auch um jede noch so Widerspenstige geschehen. Damit es jedoch nicht zum Aufruhr unter den Weiblichkeiten kommt oder gar ein eifersüchtiger Ehemann sein Revier zu schützen versucht, begleiten ihn natürlich seine ständig bereiten Bodyguards, um ihn gegebenenfalls aus brenzligen Situationen befreien zu können.

Auch wir haben uns ein Plätzchen gesucht und stärken uns für das Kommende. Und kommen tut des Weges nun auch ein Altbekanntes aber immer wieder gern gesehenes Gesicht. Frans, der kleine Clown. Mit Gurke, Koffer und diesmal auch Schirm bewaffnet lässt er seine Umwelt auf sich reagieren und umgekehrt. Ein Blick, eine Begegnung, eine Unterhaltung, ohne Worte, aber dafür mit viel Gefühl.  Dann endlich ist es soweit. Herr Böhlmann, im Laufe des Abends auf dem Gelände auch als Mann mit dem Zylinder zu sehen,  begrüßt die Anwesenden und öffnet die Tore zum Garten und somit zu einem hoffentlich wieder einmal unvergesslichen Abend. Während wir noch ein wenig warten, den letzten Schluck Sekt genießen und so dem ersten Ansturm entgehen, fällt mein Blick auf einen adrett gekleideten Herrn. Zu schüchtern, um seine Frage laut zu stellen, hält er stattdessen ein Schild in den Händen: „Jungfrau für hoffentlich großartige Zaubershow gesucht“. Ob er wohl Glück hat? Seine Augen strahlen auf einmal, jedoch kann ich ihn nur mit einem entschuldigenden Lächeln auf meine neben mir stehende Nichte verweisen. Sie – mit Ihren unschuldigen sieben Jahren – sollte diese Voraussetzung wohl noch erfüllen.  Im Laufe des Abend und beim Vorbeischlendern an der Bühne von Scott und Muriel muss man feststellen, das Jungfrauen wohl gerade „aus“ waren, denn statt einer Jungfrau bekommt er tatkräftige Unterstützung von einem rosa Bunny.

Matthias Brodowy ist unser erstes Ziel. Er philosophiert bereits über die Zusammenhänge von horrenden Spritpreisen, unwissenden Navigationssystemen und fehlenden Hausnummern.  Am Wegesrand erblicke ich Merkel und Vannix. Ihre Riesenkörbe sind vollgepackt mit Fundsachen, Raritäten, kleinen Schätzen und allem was man nicht liegen lassen kann. Neugierig erkunden sie die Pfade und mit etwas Glück findet sich ja was zum Sammeln. In einer Seitennische hat das Bencha Theater Ihre luftige Bühne aufgebaut. Mit reiner Muskelkraft vollführen sie Akrobatik und Artistik in luftiger Höhe. Die atemberaubende Aufführung am Vertikal-Tuch zeugt von einer eindrucksvollen Körperbeherrschung im Einklang mit musikalischer Untermalung.  Die drei rüstigen Damen Waltraud, Wilma und Berta haben es geschafft Bell-Mondo, den kleinen Dackelmischling,  in den Garten zu schmuggeln. Der lässt es sich nun nicht nehmen, umherzuwuseln, so manchen Spaziergänger anzubellen oder sich von Kindern mit Streicheleinheiten verwöhnen zu lassen.  Unser Weg führt uns weiter zur Sewing Cycle Company. Hier wird gerade phantasievoll gearbeitet. Bereitwilligen Gästen wird hier die Kleidung zu Unikaten verschönert. Aber umsonst gibt es das natürlich nicht, man muss schon kräftig in die Pedale treten um die Nähmaschine und wie es so scheint auch den alten Schallplattenspieler zum Laufen zu bringen.  Mit Muskelkraft wird auch das seltsam anmutende Alpentierkarussell betrieben. Erst wenn die Erwachsenen bereit sind, sich wieder wie Kinder zu fühlen und zu wippen, setzt sich das ungewöhnliche Karussell aus Treibholz in Gang.

Man vernimmt Gelächter aus den Gängen und Nischen und immer wieder versuchen sich die Acts mit Applaus zu übertreffen. So auch Whiskey Lee, der schon mal eine seiner Jonglagezitronen opfert, um für Ruhe zu sorgen. Aber nicht nur Zitronen hält er bereit, sondern auch edlen Whiskey. Mit diesem balanciert und jongliert er über die Bühne und das alles ohne Bruch zu verursachen.  Es zieht uns weiter, die Windsbräute und Wolkenfänger der Art Tremondo vertreiben den kurzen Regenschauer und die aus den Wolken blickende Sonne zaubert einen wundervollen Regenbogen an den Himmel.  Vorbei am Duo Flash, die ihr akrobatisches Können in einer außergewöhnlichen Show zum Besten geben, suchen wir die Bühne der stärksten Frau der Welt, der Australierin Betty Brawn auf. Mit Humor und ihrer Herzlichkeit vereinnahmt sie kurzerhand das Publikum und so manche Frau muss Ihren männlichen Begleiter schon mal als Trainingsgewicht zur Verfügung stellen. Die farbenprächtige Straußenfamilie der Teatro Pavana vollführen ein Tänzchen, aber auch überdimensionale Frösche und Giraffen bringen die Besucher immer wieder zum Staunen.

Liebe zum Detail beweisen auch Mutaberis, die Feenglanzverwalter. So mancher Zuschauer findet sich nach einem Aufenthalt bei ihnen als fantastisches Feenwesen wieder und wandelt dann als Teil des Festes im Garten umher.    Die Dämmerung erobert langsam den Barockgarten. Wege und Alleen werden in ein mystisches Licht getaucht. Die nun teils beleuchteten Wesen erinnern an  Glühwürmchen in einer lauen Sommernacht. Eine Melodie erklingt und wie von Zauberhand schwebt ein beleuchtetes Piano durch die Allee. Auf ihm eine Primaballerina die graziös ihre Pirouetten dreht. Es wird Zeit, die ersten Besucher sichern sich bereits die besten Plätze für das bevorstehende Finale. Traditionsgemäß bittet der Mann mit dem Zylinder noch einmal alle Akteure auf die Bühne und dankt allen Mitwirkenden, den fleißigen Händen im Hintergrund und auch den zahlreichen Besuchern, die das Kleine Fest immer wieder zu einem Erfolg machen.  Die Lichter im Barockgarten werden gelöscht. Leise vernimmt man klassische Klänge von G.F. Händel, welche den Auftakt für ein gigantisches Feuerwerk bilden. Leider geht auch ein schöner Abend einmal zu Ende, so verklingen die letzten Töne, die letzten Sterne des Feuerwerks erlöschen und die Massen strömen gen Ausgang. Wir bleiben noch ein Weilchen und genießen den Großen Garten in seiner abendlichen Beleuchtung.

Als wir letztendlich doch den Heimweg antreten, werden wir nochmal von einzelnen Akteuren des Abends verabschiedet. Aber es ist kein wirklicher Abschied, denn bereits im kommenden Jahr wird es hoffentlich eine weitere Auflage des Kleinen Festes geben und mit ein wenig Glück sind auch wir wieder mit dabei.

Das diesjährige „Kleine Fest“ hält seine Pforten noch bis zum 31. Juli 2011 offen. Wer also Frans begegnen möchte, sich die spektakulären aber auch professionellen Stürze der Los2Play nicht entgehen lassen will oder einmal von der Stärksten Frau auf Händen getragen werden möchte, hat dazu noch Gelegenheit. Denn auch an den kommenden Terminen gibt es an der Abendkasse noch Gelegenheit an eine von 200 der begehrten Karten zu kommen. Hier heißt es nur „rechtzeitig anstellen“.

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